Sonntag, 12. Januar 2014

Kreuzung mit Beschilderungssalat - Neutralisierung wegen fehlender Rangordnung zwischen Stopp- und Vorfahrtachtenzeichen - Anwendung des Rechtsvorfahrtprinzips

An einer nicht perfekten Kreuzung stand auf der einen Seite ein Stoppschild und auf der von linkskommenden Strasse ein Vorfahrtachtenschild. Wichtiges Detail: die mit dem Vorfahrtachten beschilderte Strasse geht nicht gerade rechtwinkelig auf die Kreuzung zu. 

Dies kann in gewissen Fahrtsituationen für Verwirren sorgen.

So auch für Herrn B. und Frau G. die beide zum gleichen Zeitpunkt an der Kreuzung antrafen, geradeaus fahren wollten und nicht aneinander vorbeikamen. Es kam zum Unfall.

Allgemein gilt das Rechtsvorfahrtprinzip nach Art. 136 der LVO (Luxemburger Verkehrsordnung). Art. 136 der LVO sieht jedoch auch vor, dass einem die Vorfahrt aberkannt wird wenn ein Schild des Typs B,1 (Vorfahrtachtenschild), B,2 (Stoppschild) oder C,2 (allgemeines Fahrverbot, ausgenommen Anrainer und Lieferanten) aufgestellt ist.

Art. 136 der LVO sieht jedoch keine Rangordnung zwischen einem Stopp- und einem Vorfahrtachtenschild vor, sodass beide Schilder sich aufheben (Dieses Prinzip findet auch nach geltendem Recht 2014 Anwendung). Dadurch findet wieder das allgemeine Rechtsvorfahrtprinzip Anwendung.

Aus diesem Grund hätte Herr B. die Vorfahrt an Frau G. abtreten müssen, da Letztere von der rechten Seite kam, und bei neutralisierter Beschilderung das Rechtsvorfahrtprinzip Anwendung findet.

Somit kann Frau G. auf das Schuldvermutungsprinzip aufgrund von Art. 1384 abs. 1 LZGB zurückgreifen und Herr B. muss, ohne sich aus der Schuldvermutung befreien zu können, für den Schaden von Frau G. haften.

(Bezirksgericht Diekirch, 9. Dezember 1997)

[Schuldvermutung - Art 1384 abs. 1 Luxemburger Zivilgesetzbuch (LZGB) - Schuldvermutungsbefreiung - Kreuzung - Neutralisierung wegen fehlender Rangordnung zwischen Stopp- und Vorfahrtachtenzeichen - Vorfahrtregeln nach Art. 136 LVO - Rechtsvorfahrtprinzip]


Veröff. von Me Henry DE RON, avocat à la Cour