Donnerstag, 30. Juni 2016

Lichtepilierungsbehandlung mit haftungsrechtlichen Folgen....

Sommerzeit ist Bikinizeit und die Zeit der glatten Haut. Dies dachte sich auf Frau F. und suchte im März 2013 in ein Luxemburger Schönheitsinstitut auf um sich einer Lichtepilierungsbehandlung zu unterziehen.

Nach einem der durchgeführten Termine zur Enthaarungsbehandlung fühlte Frau F. brennende Schmerzen am Körper und ging sofort in die Notfallaufnahme. Dort stellten die Ärzte fest, dass Frau F. eine oberflächliche Verbrennung 2. Grades im Dammbereich erlitten hatte. Frau F. war mehrere Tage arbeitsunfähig und konnte während mehreren Wochen keinen Sport ausüben.

Die Schönheitsinstitut weigert sich den entstandenen Schaden gültich zu beglichen. Frau F. zieht vor Gericht und klagt auf Vertragshaftung

Das zuständige Gericht erklärt, dass die vertragliche Haftung nur zur Geltung kommt, falls nicht nur ein Schaden während der Ausführung des Vertrages entsteht, sondern auch eine Nichterfüllung einer vertraglichen Haupt- oder Nebenpflicht erfolgt.

Mit anderen Worten, das Luxemburger Schönheitsinstitut muss eine Vertragspflicht gegenüber von Frau F. verletzt haben. Dem Vernehmen vom Gericht nach, klagt Frau F. auf eine Verletzung der vertraglichen Nebensicherheitspflicht (obligation accessoire de sécurité). In der Tat gilt, dass bei dieser Art von Verträgen eine Nebensicherheitspflicht besteht den Gläubiger gegen einen Materialschaden oder eine Körperverletzung zu schützen. Diese Nebenpflicht gründet auf Artikel 1135 LZGB und gilt als "Fairnesspflicht" die dieser Art von Vertrag entfliesst.

Bei der vertraglichen Haftung muss darüberhinaus geprüft werden, ob es sich um eine Erfolgspflicht (obligation de résultat) oder um eine Handlungspflicht (obligation de moyens). Der Gericht befindet, dass die Nebensicherheitspflicht im Prinzip eine Handlungspflicht ist. Im Prinzip ist jeder Mensch für seine eigene Sicherheit zuständig. Dies ist jedoch anders falls das Opfer eine rein passive Rolle einnimmt. In letzterem Fall wäre diese Pflicht dann eine Erfolgspflicht.

Mit verweis auf eine ähnliche Rechtsprechung vom Luxemburger Berufungsgericht in welcher das Opfer einen Körperschaden während eines Solariumgangs erlitten hat, kommt das Bezirksgericht zum Schluss, dass das Opfer eine rein passive Haltung während der Lichtepilierungsbehandlung einnimmt. Somit schuldet das Luxemburger Schönheitsinstitut dem Opfer eine Erfolgspflicht und steht in der Haftung.

Um sich aus der Haftung zu entziehen, muss das Luxemburger Schönheitsinstitut beweisen, dass der Schaden durch einen Fehler von einem Dritten oder durch einen Fehler des Opfers entstanden ist. 

Das Schönheitsinstitut beruft sich auf ein vom Opfer unterschriebenes Informationsblatt. In den Augen des Gerichtes, enthält das Informationsblatt keine Aufklärung über die Risiken einer Lichtepilierungsbehandlung. Aus diesem Grund konnte dem Opfer kein Beweis eines Fehlers angelastet werden.

Aus diesen Gründen steht und bleibt das Luxemburger Schönheitsinstitut in der Haftung und erliegt im Rechtstreit.


(TAL, 22. Juni 2016 - gegen dieses Urteil kann Berufung eingelegt werden)

[Lichtepilierungsbehandlung - Art 1135 Luxemburger Zivilgesetzbuch (LZGB) - Beweispflicht - Erfolgspflicht (obligation de résultat) - Handlungspflicht (obligation de moyens) - Informationsblatt - Aufklärung von Risiken]


Veröff. von Me Henry DE RON, avocat à la Cour 


Anmerkung:

Ähnlich wie bei den Rechtsgrundlagen der deliktischen Haftung (Artikel 1382 u. 1383 LZGB) und der Haftungsvermutung (Artikel 1384 Abs. 1 LZGB), wird auch bei der vertraglichen Haftung unterschieden. 

Einerseitzs gibt es die Erfolgspflicht (obligation de résultat). Hier verpflichtet sich der Vertragspartner zu einem gewissen Ergebnis. Wird dieses Resultat nicht erreicht titt der Vertragspartner bei einem Schaden in die Haftung, vorausgesetzt es wird ebenfalls eine vertragliche Haupt- oder Nebenpflicht verletzt. Unterliegt der Vertrag einer Erfolgspflicht kommt es zu einer Beweisumkehrlast: entgegen den klassischen Beweisregelen, hat der Beklagte den Beweis zu liefern warum er sich aus der Haftung entzieht. Die angewandte Logik ist ähnlich wie bei der Haftungsvermutung (Artikel 1384 Abs. 1 LZGB) und ist somit sehr vorteilhaft für den Kläger.

Andererseitzs gibt es die Handlungspflicht (obligation de moyens). Hier verpflichtet sich der Vertragspartner nach Treu und Glauben eine Leistung zu erbringen. Im besten Fall wird das gewünschte und vertraglich vereinbarte Ergebnis erreicht. Ist dem nicht so, obliegt es dem Kläger zu beweisen, dass der Vertragspartner einen Fehler begangen hat, ein Schaden erlitten wurde und, dass der Schaden gemäss Artikel 1150 LZGB vorhersehbar war. Die angewandte Logik ist ähnlich wie bei der deliktischen Haftung (Artikel 1382 u. 1383 LZGB) und verlangt eine stärkere Hingabe vom Kläger.

Diese feinen juristischen Unterschiede können im Rahmen von einer Klageführung weitreichende Konsequenzen haben, sowohl für den Kläger als den Beklagten.