Sonntag, 11. Mai 2014

Ausparken will gelernt sein. Vorbeifahren auch...


Laut Unfallbericht ereignete sich der Unfall am 3. Januar 2009 beim Verlassen eines Parkplatzes auf einem Parkplatzareal eines Kaufhauses entlang der vielbefahrenen Arlonerstrasse.

Fahrer A. musste sein Fahrzeug beim rückwärts ausparken anhalten da sich Fahrer B zu nahe in Richtung der Ausfahrt gestellt hatte. 

Vor dem Fahrzeug B. versperrten weitere Fahrzeuge mehrere Minuten lang die Ausfahrt zur Arlonerstrasse und anstelle abzuwarten, fuhr Fahrer B. plötzlich rückwärts um an den forderen Autos links vorbeizufahren. 

Dabei schrammte das Fahrzeug B. gegen das stehende halbausgeparkte Auto von Fahrer A.  entlang der hinteren Stossstange über mehr als 1,50 m. Anschliessend beim vorwärtsfahren, schrammte das Fahrzeug B. erneut entlang der Stossstange von Fahrzeug A. Der Unfall war vollbracht.

Beide Fahrer erstellen einen einvernehmlichen Unfallbericht.  Der Unfallbericht wurde allem Anschein nach später einseitig von Fahrer B. geändert, so die Feststellung von Fahrer A.

Eine gütliche Einigung kam nicht zustande.

Fahrer A. führt persönlich Klage gegen Fahrer B. Er klagt auf Schadensersatz ohne sich jedoch das Schuldvermutungsprinzip aufgrund von Art. 1384 abs. 1 LZGB zunutze zu machen. Er klagt auf Schadensersatz aufgrund von Artikel 1383 LZGB und gibt an Fahrer B. hätte fahrlässig gehandelt und dies würde eindeutig aus dem Unfallbericht hervorgehen.

Das Gericht befindet, dass ein einvernehmlicher Unfallbericht als nur aussergerichtliches Geständnis zu werten ist, falls die vermerkten Angaben klar und präzise sind und keine Zweifel über den Unfallhergang zulassen (TAL, 25. Januar 1996, n°53328).

Da weder aus den Skizzen noch aus den angekreuzten Feldern auf dem Unfallbericht der Unfallhergang schlüssig zu ermitteln ist, da jedes Unfallopfer seine eigene Skizze gemalt hat die zudem im Widerspruch zur anderen Skizze steht, gelten die Unfallumstände aus unbestimmt. Ferner sind wiedersprüchliche Felder auf dem Unfallbericht angekreuzt, was die Unbestimmtheit des Unfallberichtes verstärkt.

Fahrer B., ohne seine fahrlässige Haltung richtig zu beanstanden, will sich Art. 137 der Luxemburger Verkehrsordnung (LVO) zunutze zu machen, um seine fahrlässige Haltung zu entschuldigen. In der Tat sieht Art. 137 LVO, vor, dass "Fahrer die ausparken oder rückwärts fahren dies nur dann tun können, wenn (1) dies den anderen Verkehrsteilnehmern zeitig mitgeteilt wird, (2) die anderen Verkehrsteilnehmer nicht davon gestört werden und (3) die Vorbeifahrt der anderen Verkehrsteilnehmer gewährt wird".

Das Gericht kommt zum Schluss, dass Fahrer B. keinen Beweis vorbringt Fahrer A. hätte Art. 137 LVO verletzt. Obwohl Fahrer A. bereits zu einem halben Meter ausgeparkt war und einen Moment lang stehenblieb ergibt sich keinesfalls durch diesen Umstand Fahrer A. hätte hierdurch fehlerhaft gehandelt oder zum Schaden beigetragen.

Es gibt demnach keine Umstände die die fahrlässige Haftung von Fahrer A. ausschliessen oder mindern könnten und demnach ist die Klage aufgrund von Art. 1383 LZGB begründet.

(Friedensgericht Luxemburg, 28. Mai 2010)

[Fahrlässigkeit - Art 1383 Luxemburger Zivilgesetzbuch (LZGB) - deliktische Haftung (ja) - Schuldbefreiung (nein) - Schuldminderung (nein) - Unfallbericht]

Veröff. von Me Henry DE RON