Sonntag, 10. Januar 2016

Die Kernfrage

Frau H. kaufte in einem luxemburger Supermarkt einen vorgefertigten Vorspeiseteller mit Appetithäppchen drauf.

Unter diesen Appetithäppchen befanden sich grüne und schwarze Oliven, die im Prinzip entkernt waren.  Ein Warnhinweis benachrichtigte jedoch, dass die Oliven Kerne enthalten könnten.

Nach dem Einkauf verkostete Frau H. die Oliven und biss derart auf eine nicht entkernte Olive dass sie sich einen Zahn abbrach. Die Zahnarztkosten fielen mit 4.000,00 EUR zu Buche wovon nur 289,00 EUR von der Sozialversicherung übernommen wurden.

Frau H. klagt gegen den Hersteller des Vorspeisetellers und dessen Versicherungsgesellschaft. Frau H. verlangt die Rückerstattung der Kosten seines Körperschadens und einen moralischen Schaden in Höhe von 500,00 EUR. Die Grundlage der Haftungsklage lieftert das luxemburger Gesetz vom 21. April 1989 über fehlerhafte Produkte.

Das Gericht erinnert, dass Frau H. aufgrund vom Gesetz vom 21. April 1989 über fehlerhafte Produkte den Schadensbeweis liefern muss, d.h. den Fehler des Produktes und den Kausalzusammenhang zwischen dem fehlerhaften Produkt und dem Schaden.

Gemäss dem Gesetz vom 21. April 1989 über fehlerhafte Produkte ist ein Produkt erst fehlerhaft wenn es nicht die Sicherheit liefert die berechtigterweise und umstandsbedingt zu erwarten wäre, insbesondere gelten folgende Merkmarle: a) die Produktdarstellung, b) die zumutbare Nutzung des Produktes und c) der Zeitpunkt wo das Produkt auf den Markt gebracht wurde.

Dass das Produkt zum Schaden beigetragen hat genügt rechtlich gesehen nicht um die Haftung beweisen: das Produkt muss fehlerhaft sein.

Zur Feststellung eines fehlerhaften Produktes sind zwei Bestandteile notwendig: das eine ist von objektiver Natur, das fehlerhafte Produkt ist ein Produkt mit einem Sicherheitsmangel, das andere ist von subjekiver Natur, diese Sicherheit konnte sich der Verbraucher berechtigterweise erwarten.

Zudem erinnert das Gericht, dass ein Sicherheitsmangel per se unzureichend ist um auf Produkthaftung zu klagen. Es bedarf eines konkreten Schadens.

Die berechtigte Erwartung des Verbrauchers wird ebensfalls konkret und nicht abstrakt vom Gericht begutachtet. Das Gericht muss zur Bemessung dieser Erwartung die Referenz des "Ottonormalverbrauchers", des "Ottonormalkonsumenten" oder der "breiten Öffentlichkeit" nehmen.

Zur Klage von Frau H. ist, das Gericht der Ansicht, dass Frau H. den Beweis erbringen muss, dass sie im guten Glauben war alle Oliven geniessen zu können ohne die geringste Gefahr zu laufen in eine Olive mit Kern zu beissen.

Es ist jedoch nicht strittig, dass ein Warnhinweis auf Olivenkerne hinwies. Dieser Hinweis gilt als eine Wachsamkeitseinladung an den Konsumenten. Mit anderen Worten der Hersteller macht auf die mögliche und zufällige Anwesenheit von Olivenkernen aufmerksam.

Im Zusammenhang mit diesem Hinweis befindet das Gericht dass Frau H. nicht berechtigt war eine absolute Entkernungssicherheit zu erwarten. Demnach ist der Vorspeiseteller mit Appetithäppchen und Oliven kein fehlerhaftes Produkt.

Da dem Hersteller zudem kein Fehler nachzuweisen ist fällt auch die subsidiarische Klage auf der Grundlage der deliktischen Schuldhaftung (responsabilité délictuelle).

(Friedensgericht Luxemburg, 6. Januar 2015)

[Olive - fehlerhafte Produkte]


Veröff. von Me Henry DE RON, avocat à la Cour