Montag, 29. Juni 2015

Wer mit dem Feuer spielt...

Bei Abrissarbeiten in einem altehrwürdigen Einkaufzentrum in Luxemburg Stadt ist ein Feuer ausgebrochen. Im Polizeibericht wurde vermerkt, dass ein heißer Gegenstand bei Schweißarbeiten zu Boden ging und in nächster Nähe  Plastik und andere verbrauchte Baumaterialien aufgehäuft waren.

Ein Geschäft der Einkaufsgalerie hat in Folge dieses Feuers einen Schaden erlitten und diesen bei seiner Versicherungsgesellschaft gemeldet.

Die Versicherungsgesellschaft hat den gemeldeten Schaden beglichen. Die Versicherungsgesellschaft zieht nun stellvertretend vor Gericht um u.a. die Haftung (1) des Eigentümers der Immobilie und (2) der Abrissgesellschaft einzuklagen.

(1) Gegen den Eigentümer klagt die Versicherungsgesellschaft auf der Grundlage der Haftungsvermutung. Die Besonderheit der Klage besteht darin, dass die Versicherungsgesellschaft sich gleichzeitig auf Artikel 1384 Abs. 1 und 1386 LZGB beruft. 

Das zuständige Gericht erinnert, dass gemäß Artikel 1384 Abs. 1 LZGB der Wärter für den anvertrauten Gegenstand haftet, wobei gemäß Artikel 1386 LZGB der Eigentümer für die Ruine des Gebäudes haftet, welche auf einen Wartungs- oder Baufehler zurückzuführen ist. Dem Vernehmen des Gerichts nach, sollte die Eigenschaft von Wärter und Eigentümer in einer Person verbunden sein, besteht für den Kläger keine Option zwischen Artikel 1384 Abs. 1 LZGB und Artikel 1386 LZGB. Da die Erfüllungsbedingungen von Artikel 1384 Abs. 1 LZGB liberaler sind würde dies zudem zu einer stillschweigenden außer Kraftsetzung von Artikel 1386 LZGB führen. 

Demnach kann der Kläger nur auf der Grundlage von Artikel 1386 LZGB gegen den Eigentümer vorgehen.

Um auf dieser Grundlage zu bestehen gilt eine Haftungsvermutung zu Lasten des Eigentümers, falls die Ruine des Gebäudes auf ein Wartungs- oder ein Baufehler zurück geht. Der Schaden muss seinen Ursprung in der Ruine des Gebäudes finden. Im Luxemburger Recht ist kein totaler Zusammensturz der Immobilie notwendig, ein Teilverfall der gesamten Immobilie oder gar eines Teiles der Immobilie oder ein Teilverfall eines unlöslich mit der Immobilie einverleibten Gegenstandes genügt. Ausschlaggebend ist, dass sich ein Teil von der Immobilie löst und herunterstürzt. Ein schlechter Zustand reicht nicht aus um als Ruine zu gelten.  

Da nicht bewiesen wurde, dass der Schaden seinen Ursprung in der Ruine des Gebäudes findet, sondern dass das Feuer einen anderen Ursprung kennt, erlag die Versicherungsgesellschaft in seiner Klage gegen den Eigentümer.

(2) Gegen die Abrissgesellschaft klagt die Versicherungsgesellschaft auf der Grundlage der Haftungsvermutung, gemäß Artikel 1384 Abs. 1 LZGB. Das Argument der Versicherungsgesellschaft besteht darin zu behaupten, dass die Abrissgesellschaft während der Abriss- und Schweißarbeiten die Wärterin der Immobilie war. 

Der Eigentümer kann die Nutzung, Überwachung und die Kontrolle einer Sache, hier die Immobilie auf eine Drittperson übertragen. In diesem Fall überträgt der Eigentümer die Haftungsvermutung auf den Wärter. Voraussetzung ist, dass der Eigentümer den ausdrücklichen Beweis der Übertragung liefert. Aus dem Vertragsverhältnis zwischen dem Eigentümer und der Abrissgesellschaft geht hervor, dass "das Grundstück und das Gebäude während der Gesellschaft während der Abrissarbeiten in der gegenwärtigen Form zur Verfügung gestellt werden".  

Dies genügt dem Gericht um eine Obhut Übertragung zu erkennen und erklärt die Abrissgesellschaft zum Wärter. Durch die Einverleibung dieser Eigenschaft findet Artikel 1384 Abs. 1 LZGB Anwendung.

Demnach ist stellvertretend eingeleitete Anspruch gegen die Abrissgesellschaft auf die Begleichung des bereits ausgezahlten Schadens rechtens.

(Bezirksgericht Luxemburg, 7. Januar 2015)

[Feuer - Häufung zwischen Art 1384 Abs. 1 und Art 1386 Luxemburger Zivilgesetzbuch (LZGB) - Ruine – Obhut Übertragung - Wärter]


Veröff. von Me Henry DE RON, avocat à la Cour