Freitag, 6. Mai 2016

Vandalismus versus Diebstahl

Frau F. und Herr N. sind Eigentümer eines Landhauses im Osten von Luxemburg.

Im Winter 2014 wurde diese Immobilie mutwillig beschädigt. Es wurde nichts gestohlen. Die Eigentümer meldeten diese Verwüstung noch am selben Tag der Versicherungsgesellschaft.


Die Versicherung schaltet auf stumm und der entstandene Schaden wird nicht beglichen. Die Besitzer geben sich mit diesem stillen Vertrösten nicht zufrieden und ziehen vor Gericht. Sie stützen sich auf die Versicherungspolice die angibt, dass "alle Sachschäden die auf Unruhen, Volksbewegungen, Terrorismus, Sabotage oder Vandalismus zurückzuführen sind" gedeckt sind. 

Da "Vandalismus" nicht näher in der Versicherungspolice definiert wird stellt das Gericht fest dass es sich bei Vandalismus um eine Zerstörungstat handelt mit welcher das Eigentum eines Dritten zerstört oder bewusst beschädigt wird.

Das zuständige Gericht stellt fest, dass es sich beim Sachverhalt um Vandalismus und nicht wie von der Versicherung vortragen um Diebstahl handelt. Da Vandalismus von der Versicherungspolice gedeckt ist und die Versicherungsgesellschaft keine zutreffenende Begründung angibt warum der gemeldete Schaden der vertraglichen Deckung entfallen würde wendet das Gericht Artikel 1315 LZGB an.

Artikel 1315 LZGB regelt die Beweispflicht und hält in der Substanz folgendes fest: jeder der die Ausführung einer Pflicht verlangt, muss diese beweisen. Das Gleiche gilt auch bei Pflichtbefreiung: hier muss bewiesen werden, dass die Zahlung erfolgte oder den Tatbestand der die Pflichtbefreiung bewirkt (freie Übersetzung von Art. 1315 LZGB).

Mit Berücksichtigung von Artikel 1315 LZGB, findet das Gericht, dass die Beweispflicht für Tatbestände, die einen Ausschluss der Versicherungspolice (d.h. eine Pflichtbefreiung) herbeiführen, der Versicherungsgesellschaft obliegt. Mit anderen Worten, die Versicherungsgesellschaft muss hier den Beweis eines Vertragsausschlusses vorbringen.

Da dem vernehmen des Gerichts nach die
Versicherungsgesellschaft diesen Beweis faktisch nicht erbracht hat, muss die Versicherung für den Schaden aufkommen. Da der entstandene Schaden nicht von der Versicherungsgesellschaft hinterfragt wurde, ist dieser Schaden auf der Grundlage eines vorgebrachten außergerichtlichen Gutachtens zu beziffern

Aus diesen Gründen ist vertragliche Anspruch der Eigentümer auf die Begleichung gemäß des gemeldeten Schadens rechtens.



(TAL, 6. Januar 2016 - gegen dieses Urteil wurde keine Berufung eingelegt)

[Eigentumsversicherung - Vandalismus - Art 1315 Luxemburger Zivilgesetzbuch (LZGB) - Beweispflicht - Pflichtbefreiung - Schadensanmeldung]


Veröff. von Me Henry DE RON, avocat à la Cour 


Anmerkung:

Die Linie zwischen einer Deckung im Rahmen eines Versicherungsvertrags oder einer Pflichtbefreiung der Versicherungsgesellschaft kann in verschiedenen Fällen von der Auslegung der Versicherungspolice abhängen.

Die gerichtliche Festlegung des Sachverhaltes auf der Grundlage der vorgebrachten Beweise kann sich oft als ausschlaggebend erweisen.

Von einem vertraglichen Standpunkt ist es sicherlich auch dienlich für die Vertragsparteien abzuklären welche Risiken unter den Deckungsschutz und welche nicht. In diesem Fall hätte eine Definition das zu deckende Risiko eingrenzen können.

Falls der Vertrag dieses Prinzip vorsieht hätte die Versicherungsgesellschaft zudem gemäss Artikel 41 des Gesetzes vom 27. Juli 1997 über Versicherungsverträge die Möglichkeit die Versicherungspolice zu kündigen. Diese Kündigung wäre dem Versicherungsnehmen binnen Monatsfrist nach der Entschädigung mitzuteilen.