Bei
Abrissarbeiten in einem altehrwürdigen Einkaufzentrum in Luxemburg Stadt ist
ein Feuer ausgebrochen. Im Polizeibericht wurde vermerkt, dass ein heißer
Gegenstand bei Schweißarbeiten zu Boden ging und in nächster Nähe Plastik
und andere verbrauchte Baumaterialien aufgehäuft waren.
Ein Geschäft
der Einkaufsgalerie hat in Folge dieses Feuers einen Schaden erlitten und
diesen bei seiner Versicherungsgesellschaft gemeldet.
Die
Versicherungsgesellschaft hat den gemeldeten Schaden beglichen. Die
Versicherungsgesellschaft zieht nun stellvertretend vor Gericht um u.a. die
Haftung (1) des Eigentümers der Immobilie und (2) der Abrissgesellschaft einzuklagen.
(1) Gegen den
Eigentümer klagt die Versicherungsgesellschaft auf der Grundlage der
Haftungsvermutung. Die Besonderheit der Klage besteht darin, dass die
Versicherungsgesellschaft sich gleichzeitig auf Artikel 1384 Abs. 1 und 1386
LZGB beruft.
Das zuständige
Gericht erinnert, dass gemäß Artikel 1384 Abs. 1 LZGB der Wärter für den
anvertrauten Gegenstand haftet, wobei gemäß Artikel 1386 LZGB der Eigentümer
für die Ruine des Gebäudes haftet, welche auf einen Wartungs- oder Baufehler
zurückzuführen ist. Dem Vernehmen des Gerichts nach, sollte die Eigenschaft von
Wärter und Eigentümer in einer Person verbunden sein, besteht für den Kläger
keine Option zwischen Artikel 1384 Abs. 1 LZGB und Artikel 1386 LZGB. Da die
Erfüllungsbedingungen von Artikel 1384 Abs. 1 LZGB liberaler sind würde dies zudem zu
einer stillschweigenden außer Kraftsetzung von Artikel 1386 LZGB führen.
Demnach
kann der Kläger nur auf der Grundlage von Artikel 1386 LZGB gegen den
Eigentümer vorgehen.
Um auf dieser
Grundlage zu bestehen gilt eine Haftungsvermutung zu Lasten des Eigentümers,
falls die Ruine des Gebäudes auf ein Wartungs- oder ein Baufehler zurück geht.
Der Schaden muss seinen Ursprung in der Ruine des Gebäudes finden. Im
Luxemburger Recht ist kein totaler Zusammensturz der Immobilie notwendig, ein
Teilverfall der gesamten Immobilie oder gar eines Teiles der Immobilie oder ein
Teilverfall eines unlöslich mit der Immobilie einverleibten Gegenstandes
genügt. Ausschlaggebend ist, dass sich ein Teil von der Immobilie löst und
herunterstürzt. Ein schlechter Zustand reicht nicht aus um als Ruine zu
gelten.
Da nicht
bewiesen wurde, dass der Schaden seinen Ursprung in der Ruine des Gebäudes findet,
sondern dass das Feuer einen anderen Ursprung kennt, erlag die
Versicherungsgesellschaft in seiner Klage gegen den Eigentümer.
(2) Gegen die
Abrissgesellschaft klagt die Versicherungsgesellschaft auf der Grundlage der
Haftungsvermutung, gemäß Artikel 1384 Abs. 1 LZGB. Das Argument der
Versicherungsgesellschaft besteht darin zu behaupten, dass die
Abrissgesellschaft während der Abriss- und Schweißarbeiten die Wärterin der
Immobilie war.
Der Eigentümer
kann die Nutzung, Überwachung und die Kontrolle einer Sache, hier die Immobilie
auf eine Drittperson übertragen. In diesem Fall überträgt der Eigentümer die
Haftungsvermutung auf den Wärter. Voraussetzung ist, dass der Eigentümer den
ausdrücklichen Beweis der Übertragung liefert. Aus dem Vertragsverhältnis
zwischen dem Eigentümer und der Abrissgesellschaft geht hervor, dass "das
Grundstück und das Gebäude während der Gesellschaft während der Abrissarbeiten
in der gegenwärtigen Form zur Verfügung gestellt werden".
Dies genügt dem
Gericht um eine Obhut Übertragung zu erkennen und erklärt die
Abrissgesellschaft zum Wärter. Durch die Einverleibung dieser Eigenschaft
findet Artikel 1384 Abs. 1 LZGB Anwendung.
Demnach ist stellvertretend eingeleitete Anspruch gegen
die Abrissgesellschaft auf die Begleichung des bereits ausgezahlten Schadens
rechtens.
(Bezirksgericht
Luxemburg, 7. Januar 2015)
[Feuer -
Häufung zwischen Art 1384 Abs. 1 und Art 1386 Luxemburger Zivilgesetzbuch
(LZGB) - Ruine – Obhut Übertragung - Wärter]
Veröff. von Me Henry DE RON, avocat à la Cour