Der
Eigentümer F. ließ ein Haus im Jahr 1999 errichten. Nach einer Bauzeit von fast
2 Jahren erfolgte eine Abnahme zwischen dem Bauherrn und dem Bauunternehmer.
2 Jahre
später sind Mängel im Außen- und im Innenbereich der Immobilie aufgetreten.
Diese Mängel wurden dem Bauunternehmer mitgeteilt. Dieser leitete die Mängelanzeige an seine
Versicherungsgesellschaft im Rahmen der 10-jahres Gewährleistung weiter.
Die
Versicherungsgesellschaft bestellte einen Sachverständigen vor Ort, um die Mängel zu
begutachten. Leider führte das gütliche Gutachten zur keiner
zufriedenstellenden Lösung für den Eigentümer.
Der
Eigentümer ließ per Schnellverfahren einen gerichtlichen Sachverständigen bestellen
und ein Gutachten wurde anfertigt. Aus dem Gutachten lässt sich herauslesen,
dass die Behebungsarbeiten um die EUR 17.000,00 (ohne MwSt) veranschlagen
würden. Für den Gutachter würde die Beschaffenheit der festgestellten Mängel a
priori eine Beanspruchung der 10-jahres Gewährleistung erlauben.
Das
Problem: inzwischen hat der Bauunternehmer Insolvenz angemeldet.
Dem
Eigentümer bleibt nur noch die Möglichkeit die 10-jahres Gewährleistung direkt
beim Versicherer einzufordern.
Die
Versicherungsgesellschaft widersetzt sich dem Antrag mit der Begründung der
vertraglich vereinbarte Bericht durch ein Kontrollbüro (bureau de contôle) wurde nie erstellt, oder wurde zumindest nie an
das Versicherungsunternehmen (VU) übermittelt. Aus diesem Grund ist die Versicherungspolice
(VP) unwirksam.
Der
Eigentümer vertritt die entgegengesetzte Ansicht und meint die Vertragsklausel
wäre nicht anwendbar.
Das
Gericht befindet, dass die VP die der Unternehmer seinerzeit
abgeschlossen hat eine Versicherungspolice ist die für einen Drittbegünstigten
(hier der künftige Eigentümer) abgeschlossen wurde (assurance pour compte). Die Eigenschaft dieser
Police besteht darin, dass die Police einerseits eine persönliche und direkte
Verpflichtung durch den Versicherungsnehmer (VN) beinhaltet, obwohl der VN für
einen Dritten handelt ohne diesen formell zu vertreten und andererseits dieser
Dritte die Gunst der Police hat durch den Mechanismus der Vereinbarung für
Dritte (stipulation pour autrui)
[siehe z.B. Cour, 5. Juni 2002, n°26331].
Der
Ursprung des Beanspruchungsrechts für den Begünstigten der Vereinbarung für
Dritte entspringt und findet seine Rahmenbedingungen im Vertrag (hier: die VP).
Falls dieser Vertrag verschwindet, verschwinden ebenfalls die daraus resultierenden
vertraglichen Verpflichtungen. Folglich ergibt sich, dass das VU dem
Drittbegünstigten alle Ausnahmen und Verteidigungsargumente erwidern kann die
auf der VP gründen: sowohl (1) die Gültigkeit der VP als auch (2)
Nichterfüllungsausnahmen (exception
d'inexécution) können somit als rechtsgültige Argumente herhalten (siehe Artikel 49 Abs. 3 des Gesetzes vom 27. Juli 1997 über den
Versicherungsvertrag).
Von
diesen Rechtsprinzipien leitet das Gericht, dass die VP keine Anwendung findet,
da der Bericht vom Kontrollbüro nie erstellt wurde und somit der Beginn der
10-jahres Gewährleistungsfrist nie festgelegt wurde. Das Gericht geht sogar
soweit und befindet, dass, auch wenn der Bericht vom Kontrollbüro erstellt
worden wäre, die vertragliche Verpflichtung der Übermittelung des Berichts an das
VU nie erfüllt wurde.
Da der
VN seinen Teil des Vertrages nicht erfüllt hat kommt die VP nicht zum tragen
und das Gericht weist die Klage des Eigentümers als unbegründet zurück.
(BZG
Luxemburg, 1. Februar 2008)
[Versicherungspolice
(VP) - Vereinbarung für Dritte - Gültigkeit der VP - Nichterfüllungsausnahmen -
Kontrollbüro - Bericht - Versicherungsrecht - Vertragsrecht]
Veröff.
von Me Henry DE RON, avocat à la Cour
Kommentar:
Vertrag ist Vertrag.
Die
Gültigkeit der Verträge wird im Luxemburger Recht aufgrund von Artikel 1108
ff. LZGB geprüft. Die daraus resultierenden Verpflichtungen gründen auf Artikel
1134 ff. LZGB. Artikel 1121 LZGB und Artikel 49 (assurance pour compte) des Gesetzes vom 27. Juli 1997 über
Versicherungsverträge (hiernach das „Versicherungsvertragsgesetz") ermöglichen
eine VP für einen Dritten abzuschließen. Dieser spezielle Vertragsmechanismus
hat in diesem Fall Anwendung gefunden und das Gericht hat sich streng an das
Gesetz gehalten das folgenden Wortlaut hat: "Les exceptions inhérentes au contrat d'assurance que l'assureur pourrait
opposer au preneur sont également opposables à l'assuré quel qu'il soit"
(Art. 49 Abs. 3 des Versicherungsvertragsgesetzes).
Es hätte dem Drittbegünstigten oblegen zu prüfen ob die vertraglichen
Verpflichtungen der VP vertragsgemäß erfüllt waren. Hierzu hätte sich der
Drittbegünstigte auf Artikel 49 Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes stützen können und die VP verlangen können. So will es zumindest das Gesetz: "Le preneur d'assurance ayant souscrit une assurance pour compte
d'autrui est tenu de tenir à la disposition des assurés les conditions de la
garantie" (Art. 49 Abs. 3 des Versicherungsvertragsgesetzes). Diese Prüfung ist scheinbar nie erfolgt.
Die
Konsequenzen im hiesigen Fall sind umso verheerender für den Drittbegünstigten,
da der ursprüngliche VN inzwischen Insolvenz angemeldet hat und damit kein
Gewährleistungsanspruch außerhalb der VP beim Bauunternehmer gemäß Artikel 1792 und 2270
LZGB erfolgen konnte.