Eine
Gemeinde im Süden Luxemburgs veranstaltete im Jahre
2010 eine Märchennacht im Schlosspark. Die Einfahrt zum Schlosspark ist miteinem wunderschönen alten
Schmiedeeisenportal mit Quadersteinsäulen versehen.
Um die
Veranstaltung erfolgreich zu gestalten beauftragte die Gemeinde mehrere
Unternehmen den Park mit vorläufigen Einrichtungen zu versehen. Eine dieser Einrichtungen war das Auf- und
Abrichten, sowie der An- und Abtransport eines größeren Zeltes. Ein Partyservice erhielt für diese Leistung den Zuschlag.
Der
Partyservice vergab diese Aufgabe an ein spezialisiertes Subunternehmen.
Die Märchennacht fand statt und war ein voller
Erfolg. Am darauf folgenden Tag wurde das Zelt abmontiert und abtransportiert.
Da es trocken war wurde der historische Eingang nicht vom spezialisierten
Subunternehmen genutzt, welches ein An- und Abfahren über die trockene Wiese
bevorzugte.
Wichtig
zu bemerken ist, dass weitere Unternehmen mit dem Abrichten anderer Anlagen beschäftigt waren.
Einige dieser Unternehmen nutzten den historischen Eingang.
Kurz nachdem
der Abtransport des Zeltes erfolgte merkte ein Gemeindemitarbeiter, dass das
Portal beschädigt war und vermutete, dass dieser von einem Laster gerammt
wurde. Die Gemeinde verdächtigte den Partyservice oder dessen Subunternehmer, da
diese das Zelt offensichtlich per Laster oder Lieferwagen abtransportierten. Mehrere
Monate verstrichen bevor der Partyservice auf den entstandenen Schaden
angeschrieben wurde.
Da nie
ein solcher Schaden gemeldet wurde, weigerte sich der Partyservice für den
Schaden aufzukommen.
Die
Gemeinde klagt gegen den Partyservice und begründet sein Verfahren mit der
Vertragshaftung, subsidiarisch mit der deliktischen Haftung nach Art. 1382 u.
1383 LZGB. Der Partyservice verkündet den Streitfall an das Subunternehmen,
wodurch dieses zur Teilnahme am Rechtsstreit verpflichtet wurde.
Vor Gericht
bestreitet der Partyservice die vertragliche und deliktische Haftung aus Mangel
an Beweisen. In der Tat beweist die Gemeinde dem Partyservice weder einen
Fehler noch einen Kausalzusammenhang zwischen dem vermeintlichen Fehler und dem
entstandenen Schaden. Hilfsweise beantragt der Partyservice, dass das
Subunternehmen den Partyservice schadlos hält.
Das
Gericht ordnet in einer ersten Phase eine Zeugenbefragung an. Alle vorgeladenen
Zeugen geben unmissverständlich zu Protokoll nichts gesehen zu haben. Es kommt
zur Weiterverhandlung und sowohl der Partyservice, als auch das Subunternehmen plädieren
auf Schuldbefreiung.
Das
Gericht erinnert, dass bei vertraglichen Verpflichtungen eine ergänzende
Sicherheitspflicht gilt. Obwohl es keine Augenzeugen gibt lässt das Gericht das Argument gelten, dass der
zuständige Hausmeister zeitnah (ohne
genaue Zeitangabe) über den Schaden in Kenntnis gesetzt wurde. Dadurch kann
dem Vernehmen des Gerichts nach, der Schaden nur durch den Abtransport des
Zeltes durch den Lieferwagen des Partyservices , sprich des Subunternehmens (so die naheliegende Vermutung)
entstanden sein.
Der
entstandene Schaden rührt unmissverständlich aus der fehlerhaften Ausführung
des Vertrages, nicht zuletzt aus der Verletzung der Sicherheitspflicht.
Das
Gericht gibt der Gemeinde Recht und nimmt den Partyservice aufgrund der
Sachlage in die Haftung. Da der Partyservice und das Subunternehmen vertraglich
gebunden sind muss das Subunternehmen den Partyservice schadlos halten.
(Friedensgericht
Esch/Alzette, 1. Juli 2014)
[Vertragsverletzung
- ergänzende Sicherheitspflicht - Haftung - Zivilgesetzbuch (LZGB) - Zelt - Abtransport]
Veröff.
von Me Henry DE RON, avocat à la Cour
Kommentar:
Die Auslegung der ergänzenden Sicherheitspflicht in diesem Urteil ist durchaus
fraglich. In der Tat gilt die ergänzende Sicherheitspflicht nur gegenüber von
Personen und muss folgende Bedingungen erfüllen: (1) Es muss sich um ein Fachmann handeln. (2) Dieser Fachmann muss
mit der Erfüllung einer Vertragspflicht betraut sein. (3) Bei der Erfüllung
dieser Pflicht darf der Fachmann auf keinen Fall Gesundheitsrisiko
(Lebensgefahr) für Personen schaffen (Ph.
Le Tourneau, Droit de la responsabilité civile, éd. 2008-2009, Dalloz, n°3294
et suivants et G. Ravarani, La responsabilité civile, Pasicrisie, 3e édition,
2014, n°508 et suivants).
Anhand
von diesen Bedingungen wird sichtbar, dass das Gericht sein Urteil auf einer
lückenhaften Begründung fußt. Damit die ergänzende Sicherheitspflicht Anwendung
findet hätte ein Risiko für die Person entstehen müssen. Hier wurden nur ein
paar Quadersteine geschrammt, was kein Sicherheitsrisiko darstellt.
Ferner
darf die Frage erlaubt sein, ob sich der Schadensfall überhaupt noch im
Vertragsrahmen befindet, oder, ob hier nicht eher eine deliktische Haftung zur
Anwendung kommen müsste.
Des Weiteren fußt die Urteilsfindung auf unbestimmten Vermutungen. Zivilrechtlich gesehen beruht die Urteilsfindung auf der Auslegung der Sachlage gründen. Vermutungen konnten bis Dato die Sachlage nie stützen und wurden als unschlüssig und nicht aussagekräftig zurückgewiesen. Erstaunlicherweise wurde im beschriebenen Fall anders entschieden....
Wenn Fehler vermutet werden...
Gegen
dieses Urteil kann immer noch Berufung eingelegt werden.